„Sharpen your thinking“: Wissensmanagement mit Obsidian

Die Mikroprozessoren sind angekündigt, aber noch nicht wirklich verfügbar. Das eigene Gedächtnis mangelhaft und entlastungsbedürftig. Überlegungen zu einem Versuch, sich ein Zweitgedächtnis zu schaffen“ notiert der Soziologie Niklas Luhmann auf einen Zettel, der unter der Bezeichnung „ZK II Zettel 9/8,2 (undatiert)“ Teil seines berühmten Zettelkastens wurde. Luhmanns Forschungsziel ist nichts weniger als die Entwicklung einer modernen Gesellschaftstheorie. Um dies zu leisten, befasst er sich mit zahlreichen Theoriefeldern und Gegenständen. Die Titel seiner Werke wie z.B. „Die Wissenschaft der Gesellschaft“, „Die Kunst der Gesellschaft“, „Die Politik der Gesellschaft“ oder „Vertrauen“ vermitteln einen Eindruck über die Vielfältigkeit. Sein Zettelkasten, den er sich vermutlich in den 1950er Jahren anlegt, hilft ihm dabei, eine Wissensbasis aufzubauen, die durch ihre interne Systematisierung als Zweitgedächtnis und Organ seines Denkens agiert. Luhmann selbst kommentierte das in einem Interview so:“Ich denke ja nicht alleine, das geschieht weitegehend im Zettelkasten“. Diese Art der Wissensorganisation als „Kombination von Ordnung und Unordnung“ bildete ein wesentliches Element für Luhmanns systemtheoretische Gesellschaftstheorie und seine starke Produktivität.

Seit der Zeit Luhmanns hat sich die Technologie rasant weiterentwickelt und das, was er noch händisch angelegt hat, kann nun digital erfolgen. Die 2020 erschienene Software [Obsidian] setzt das „Zettelkastenprinzip“ digital um. Notizen werden im Markdown-Format erstellt und können mit Hilfe von Links miteinander verknüpft werden. So entsteht das eigene Wiki bzw. der eigene Wissensgraph, der sich auch anzeigen lässt. Die lokale Speicherung der Notizen sowie das offene Dateiformat sorgen für Sicherheit und eine lange Nutzbarkeit. Weiterhin verfügt Obsidian über eine offene Schnittstelle (API) und eine große Community. Für nahezu jedes Problem oder jeden Funktionswunsch gibt es ein passendes Plug-In. Sei es ein Kalender, die Integration mit Zotero oder Kanban-Boards für Projektmanagement. Für Brainstorming stehen sogenannte Canvas (Leinwände) zu Verfügung, das digitale Äquivalent eines leeren Blattes Papier.

Zahlreiche Videos ebnen den Einstieg in das Programm und die Methodik des Zettelkastens.

Die Reihe Obsidian for Beginners auf dem Kanal Linking your Thinking bietet in sieben kurzen Videos einen guten Einstieg in das Thema in englischer Sprache.

Eine ausführlichere Einführung in deutscher Sprache ist unter dem Titel Obsidian Tutorial: Zettelkasten für Beginner auf dem Kanal von Joshua Meyer zu finden.